Religionslehrer Benedikt Gruber leistet Krisenseelsorge an Schulen

Hilfe bei Tod und Trauer

SCHONGAU – Wenn es an einer Schule einen Todesfall gibt, ob bei Lehrern oder bei Kindern und Jugendlichen, aber auch, wenn zu Hause ein Elternteil oder Geschwisterkind verstirbt, wirkt das in die Schulfamilie hinein. Dann ist der Umgang mit Tod und Trauer eine wichtige Aufgabe – und zugleich Herausforderung. Genau da leistet die Krisenseelsorge im Schulbereich (kurz KiS) Unterstützung. 

Benedikt Gruber, 44 Jahre, verheiratet, ist Religionslehrer im Kirchendienst an der Berufsschule in Schongau. Er gehört zu den 24 neu ausgebildeten Krisenseelsorgern aus ganz Bayern, die nach einer zweiwöchigen Ausbildung im Herbst 2023 im Exerzitienhaus in Leitershofen ausgesandt wurden. Vom emeritierten Würzburger Weihbischof Ulrich Boom und von Ausbildungsleiterin Michaela Grimminger, Diözesanbeauftragte für KiS im Bistum Augsburg, bekamen sie die Zertifikate überreicht. 

Die Recherche für diesen Bericht sollte an einem Montag stattfinden. Doch sie musste verlegt werden. Denn zusammen mit einem Kollegen aus der KiS war Benedikt Gruber, der in Buchloe wohnt, nach dem Todesfall eines 15-jährigen Realschülers im Allgäu an die Schule gerufen worden. Der Direktor hatte dort am Wochenende die schlimme Nachricht erhalten und über das Krisentelefon bei der Diözesanbeauftragten Hilfe angefordert.

Gruber schildert, dass sein Kollege in der betroffenen Klasse war, während er sich ins Lehrerzimmer und dann in die drei Parallel-
klassen begab. Vier Schritte sind bei so einem „Einsatz“ wichtig, fasst der Religionslehrer zusammen: Am Anfang steht die Information, was passiert ist. Dann folgt die Phase der Normalisierung. Verzweiflung, weinen, traurig oder unkonzentriert sein und nicht schlafen können, seien typische Reaktionen. 

Verschiedene Reaktionen

Der dritte Schritt ist das „Stabilisieren“, beschreibt Gruber. Dazu gehört die Frage: „Was tut mir jetzt gut?“ Junge Leute würden da völlig unterschiedlich reagieren. Die einen möchten sich am liebsten in eine Ecke setzen, anderen wiederum können sich bei einer Mathe-Aufgabe ablenken. 

Krisenseelsorge im Schulbereich soll schließlich in einem vierten Schritt „Perspektive geben“, betont Gruber. Dabei befasse man sich mit Fragen, wie der morgige Tag gestaltet werde, ob man zur Trauerfeier einen Beitrag leiste, wie eine Trauerkarte gestaltet werden könne und wie sie den Angehörigen überbracht wird. Seine Aufgabe sieht der 44-Jährige zum einen als „Dienst an Verstorbenen“, die eine Beziehung zu den Mitschülern hatten, zum anderen als Dienst an all den Menschen, die ihn gekannt haben. 

Wenn er nach Todesfällen an Schulen komme, lasse er im Lehrer- und im Klassenzimmer Nähe zu. Aber er kehre am nächsten Tag wieder an seine Schule in Schongau zurück. Gruber spricht vom Prozess der „Selbstwirksamkeit“: Es sei wichtig, dass Kollegen und Schüler wieder selbst ins Handeln kämen. 

In mehreren Situationen sei bereits eine sofortige telefonische Beratung hilfreich, erklärt der Pädagoge, der in Aichach aufgewachsen ist. Gruber hat Theologie studiert, war acht Jahre Pfarrer, leistete danach soziale Arbeit im Landkreis Ebersberg und war dreieinhalb Jahre im Rettungsdienst aktiv. 2019 erhielt er vom Vatikan ein Laisierungsdekret und ging in den kirchlichen Schuldienst. 

Die Notfallseelsorge sei immer schon sein „Steckenpferd“ gewesen, sagt Gruber. Er ist zudem Seelsorger für die Feuerwehren und den Rettungsdienst im Ostallgäu und in Kaufbeuren. Bayernweit sind rund 100 Frauen und Männer für die Krisenseelsorge an Schulen ausgebildet. Mit Fortbildungen im Bereich Tod und Trauer werden Lehrkräfte – nicht nur Religionslehrer – geschult und zum Handeln in Krisensituationen befähigt. 

Johannes Jais

18.02.2024 - Bistum Augsburg